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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Winterhart nicht gleich winterhart?



ingrid222
28.09.2010, 12:03
Liebe Spezialisten,
habe ein Problem.
Ist winterhart nicht gleich winterhart?
Der Unterschied zwischen frosthart und winterhart ist mir schon bekannt.
Ich habe Echinocereen bekommen die winterhart sind.
Beim gockeln bin ich nunmehr draufgekommen, dass winterhart nicht unbedingt heißt, dass sie in allen Lagen winterhart sind.
Bei einigen Echinocereen steht z.Bsp. "winterhart bis 700 Höhenmeter in Gebieten wo noch Weinbau betrieben wird".
Wenn diese Kakteen aber in ihrer Heimat auf bis zu 2500 Höhenmeter wachsen - wie ist die "Winterhärte" dann zu verstehen?
Und vor allem - sind diese dann bei mir (Wohnort 1030 Höhenmeter) auch winterhart?

Vielen Dank für Eure Hilfe.
:confused: Ingrid

kaktusy
28.09.2010, 12:33
hallo ingrid

entscheident ist m.m. nach die frosthärte - zum einen- bei einigen ist eben bei -15° die grenze errreicht, bei der die zellen geschädigt werden bei anderen erst unter -20°.
dann natürlich, wie tollerant die pflanzen gegenüber der feuchten winterluft in unseren breiten - ich glaub, das ist der grosse killer!
zum schluss hängt das auch noch vom allgemeinzustand der einzelnen pflanze ab.
ich hab jetzt angefangen, gekaufte, wh und frosthatrte pflanzen erst mal im gw zu halten - dann vermehre ich diese - die nachkomen werden dann den groben bayrischen wintern ausgessetzt. so hab ich nach 5 jahren von 100 ausgesäten triglochidaten noch gut 20 - allerdings mussten die schon den ersten winter im freien verbringen.
wenn die hoffentlich das nächste jahr blühen, werde ich versuchen, nun von diesen samen zu gewinnen und dann das experiment wiederholen - ich hoffe, dass da nach mehreren generationen auch eine bessere ressistenz gegen eben diese bayrischen winter!! vorhanden sein wird.

volker61
28.09.2010, 14:36
Hallo Ingid

das Problem ist bei uns die Feuchtigkeit im Winter , nicht die Temperaturen. Bei 2300 Metern Höhe und Frost ist in den Heimatstandorten der Pflanzen fast keine Luftfeuchtigkeit vorhanden.

LG Volker

Dicksonia
28.09.2010, 18:57
Komisch ist dann aber, daß mein Hygrometer im Winter für außen absolute Tiefstwerte angibt?!?
An einem sonnigen Tag mit klirrender Kälte sind <25% durchaus normal und auch nachts ist´s dann sehr trocken.
Der Anteil an Wasserdampf ist dann doch nur noch verschwindend gering (bei -10°C max. 2g/m³).
Man sieht´s ja in der Tabelle: http://www.projet2001.de/bautens/formel/gafikfeucht.html


lg

komtom
28.09.2010, 20:41
Hallo Gemeinde,

Hallo Ingrid,

wirklich dauerhaft winterhart sind bei uns in Mitteleuropa Opuntien, die kommen auch sehr gut mit dem winterlichen Dauerregen und der Nässe zurecht. Viele Pflanzen die als frosthart gelten, einige kugelige Formen sind auch dabei, ertragen in ihrer Heimat den Winter unter einer Schneedecke welche nicht wie bei uns jede Woche mal abtaut. Du erwähntest ja dein Wohnort liege auf einer Höhe von 1030m über NN, da ist die Schneedecke vielleicht etwas sicherer wie in den Niederungen Mitteleuropas.

Es währe halt mal einen Versuch wert!

Selbst habe ich damit nur wenig Erfahrung, anfangs hatte ich eine Steingartenanlage mit viellerlei Pflanzen, vor allem Opuntien aber ich habe natürlich auch Ecc. triglochidiatus, viridiflorus ausprobiert, die habe auch ein paar Jahre durchgehalten, während Esc. viridiflora und missouriensis schnell wegfaulten. Natürlich ist es auch eine Sache der Drainage und dem Kleinklima.

Schau dir dazu auch einmal die Homepage von Klaus Kretschmer an "Winterkaktus" er hält viele Kugelformen ganz im Freien.

Ein wichtiger Faktor ist die Herkunft der Pflanzen, so gibt es Arten mit den unterschiedlichsten Standorten. So findet sich Ecc. fendleri welcher in der einschlägigen Literatur als frosthart beschrieben wird, auch im Norden Mexikos im Hügelland. Andere Formen dieser Art finden sich in Arizona, New Mexico und Colorado. Die aus NM und Colorado sind gut frosthart.

Heute pflege ich eine Vielzahl von Pflanzen im Kalthaus wo sich viele als dauerhaft frosthart erweisen.

Im Übrigen meine ich dass Luftfeuchtigkeit nur eine Rolle spielt wenn an den Pflanzen noch Blüten- bzw. Fruchtreste vorhanden sind. Das könnte aber unter einer nassen Schneedecke natürlich anders sein.
Ausserdem wenns richtig kalt wird ist die Luft auch ziemlich trocken.

also bis bald und Grüsse

komtom

volker61
28.09.2010, 22:19
Komisch ist dann aber, daß mein Hygrometer im Winter für außen absolute Tiefstwerte angibt?!?
An einem sonnigen Tag mit klirrender Kälte sind <25% durchaus normal und auch nachts ist´s dann sehr trocken.
Der Anteil an Wasserdampf ist dann doch nur noch verschwindend gering (bei -10°C max. 2g/m³).
Man sieht´s ja in der Tabelle: http://www.projet2001.de/bautens/formel/gafikfeucht.html


lg

Da muss ich dir Recht geben. Nach meiner eignen Erfahrung gehen aber die meisten Pflanzen nicht bei den strengen Frost kaputt sondern bei etwas milderen Temperaturen bei sehr wechselhaften feuchten Wetter.

LG Volker

kaktusy
28.09.2010, 22:45
bei uns im näheren umkreis sind 3 flüsse sowie wasserdampf erzeugende industrie. also viel nebel.
auch an frostigen tagen fällt oft nebel, der sich dann als reif festsetzt, tw über mittag auftaut und wieder anfriert. das ist der tot für jeden kaktus!

sehr gut frosthart sind scleros, einige pedios, austrocactus und pterocaactus ebenso wie escobaria und maihuenia.
empfindlicher - verm. wegen des nebels reagieren bei mir die echinocereen. allerdings bin ich da erst am selektieren,

Dicksonia
29.09.2010, 10:00
Nach meiner eignen Erfahrung gehen aber die meisten Pflanzen nicht bei den strengen Frost kaputt sondern bei etwas milderen Temperaturen bei sehr wechselhaften feuchten Wetter.


Das würde ja mit Edith´s Beobachtung übereinstimmen.
Nur, wie soll man die Pflanzen dagegen schützen?

Auf dem Berg bei Ingrid dürfte dann aber nicht mehr viel Feuchtigkeit ankommen, da die wassergefüllten Wolken schwerer sind und eher unten abregnen?!?

Letztendlich kann man´s nur ausprobieren.
Andererseits kann man die Kakteen auch mit Topf im Erdreich versenken und zum Winter hin wieder rausnehmen, um sie z.B. im ungeheizten Gwh zu überwintern. Das wäre vielleicht eine Alternative für den ersten Winter.

lg

Uwe/Eschlikon
29.09.2010, 15:11
Hallo

Über das Thema könnte man tagelang diskutieren...:roll:

Meine Erfahrungen haben verschiedene Aspekte gezeigt:

- Es ist jedes Jahr anders, d.h. Arten überstehen diverse Winter problemlos und gehen plötzlich in einem stinknormalen Winter ein. Weil es ist nicht nur der Winter, der darüber entscheidet, sondern die Witterung des ganzen Jahres, denn diese bestimmt über den Zuckergehalt in den Pflanzen.

- Jede Pflanze ist ein Individuum für sich mit unterschiedlicher Härte

- Jeder Standort hat seine Auswirkungen auf ein und dieselbe Pflanze. Bei mir kann eine Art oder eine Pflanze problemlos gedeihen, bei jemand anderen gar nicht - weil das Mikroklima und die Bodenbedingungen verschieden sind

- selbstgezogene und daher angepasste Pflanzen überleben viel länger und besser als zugekaufte (oder getauschte). Vor allem, wenn sie schon als Sämlinge ganzjährig draussen bleiben.

- Opuntien sind nicht unbedingt winterhärter als Echinoceren oder Escobarien.

- Bei uns in Mitteleuropa ist das Klima, abgesehen von einigen sehr sonnigen und trockenen Ecken, in der Regel fast zu feucht und zu wechselhaft. Bis zu einer gewissen Höhe über Meer hat man in Mitteleuropa Vorteile, ab einer gewissen Höhe aber wird das Klima wieder schlechter. So zwischen 400 und 800-1000m (je nach geogr. Lage) sehe ich klimatisch die besten Bedingungen, wenn sie auch nicht mit denjenigen der USA zu vergleichen sind!

Grüsse, Uwe

volker61
29.09.2010, 18:35
Das würde ja mit Edith´s Beobachtung übereinstimmen.
Nur, wie soll man die Pflanzen dagegen schützen?

lg

Die Freibeete bekommen im Winter bei mir ein Dach. Dort wachsen fast nur Opuntien , Hauswurz und Co.

Die Beete in meinen ungeheizten GH werden wenn es Dauerfrost gibt mit einer Doppellage Tomatenflies abgedeckt. So wie es aussieht nimt die staubtrockene Erde dann das bischen Feuchtigkeit auf was unter das Flies kriecht. Habe bis jetzt damit sehr gute Erfahrungen gemacht.

LG Volker

komtom
29.09.2010, 20:19
Hallo Gemeinde,

da gebe ich dir vollkommen recht Uwe, jedes Jahr ist anders und so manche Pflanze die in einem Winter Dauerfrost unter -15° und Tiefsttemperaturen bis -27° ertrugen (Im Kalthaus) überlebten dann später einen vergleichsweise milderen Winter nicht. Die Todesursache war aber in diesen speziellen Fällen nicht erfrieren, aber darüber habe ich im Forum schon einmal berichtet.

In der Tat gibt es frostharte Pflanzen die zwar kurzzeitig Spitzen von -20° ertragen aber dann nach sehr harten Wintern dahinkümmern und dann irgendwann das Zeitliche segnen. Auch ist es so dass manche Pflanzen 2... 3 oder auch 4. Winter überleben den 5. dann aber aus unerfindlichen Gründen nicht.

Im übrigen die meisten Verluste an fh Kakteen hatte ich bisher während der Vegitationszeit, nach dem pikieren bzw. dem Umtopfen, oder während schwülwarmer Tage im Juni - Juli.

Es gibt realistisch gesehen nicht so viele Formen welche als dauerhaft winterhart bzw. forsthart zu bezeichnen sind. Einige von ihnen habe ich seit über 20 Jahren in Kultur und um die braucht man sich im Winter nur wenig zu sorgen.

Wenn es interessiert? ich kann gerne mal eine Liste aufstellen, aber ich glaube irgendwo habe ich so etwas im Forum schon einmal eingestellt.

also bis bald und Grüsse

komtom

Uwe/Eschlikon
29.09.2010, 22:05
@komtom


Im übrigen die meisten Verluste an fh Kakteen hatte ich bisher während der Vegitationszeit, nach dem pikieren bzw. dem Umtopfen, oder während schwülwarmer Tage im Juni - Juli.


Ja, das passierte bei mir auch schon ein paar Mal. Die Ursachen liegen aber schon im Vorwinter, bei dem diese Pflanzen geschwächt oder geschädigt wurden. Frostgeschädigte Teile (v.a. auch die Wurzeln) werden dann in der warmen Jahreszeit das Ziel von Pilzen und (Fäulnis)Bakterien, und wenn man es bemerkt, ist es schon zu spät. Opuntien lassen sich ja meist problemlos neu bewurzeln, aber bei den anderen wird es schwierig.

Und es gibt schon ein paar "unkaputtbare" Arten, die sogar Kulturfehler und missliche Standorte ohne Probleme überleben - zB. gewisse Opuntia-fragilis-Arten (aber nicht die Hybriden!), Opuntia x "Smithwick", O.polyacantha var. polyacantha, O.aurea, O.humifusa (nicht alle) oder sogar Cylindropuntia imbricata arborescens von gewissen Original-Standorten.

Gruss, Uwe

ingrid222
01.10.2010, 19:06
Danke kaktusy für Deine Rückmeldung.
So werde ich dann einfach probieren müssen und schauen was passiert.

Wir hatten bereits am 3. Dezember 2009 jede Menge Schnee bis ungefähr Weihnachten und dann hatten wir alles was das Wetter hergibt in abwechselnder Reihenfolge. Kälte, Regen, Eisregen, Wärme usw - nur keinen Schnee.

Den ausgepflanzten Opuntien hat es nicht geschadet. Echinocereen hatte ich noch keine in meinem kleinen Beet.

Schönes Wochenende
Ingrid

DieterR
03.10.2010, 09:15
Ich hatte im letzten Jahr einige Escobarien, hauptsächlich viviparien, Ecc's und eine Maihueniopsis clavaoides in größen winterfesten Töpfen eingesetzt und geschützt und trocken an einer Hauswand aufgestellt.

Bei Regen oder Schnee hatte ich dann noch zusätzlich einen Wetterschutz davorgestellt. Als es Pulverschnee gab, streute ich dick diesen darüber! ;-)
So haben die Kakteen die bis zu -19 Grad gut ausgehalten und teilweise schon geblüht.

Habe vor diese nächstes Frühjahr dann in ein Beet zu setzen und über den Winter als Wetterschutz ein einfaches Frühbeet darüber zu stellen.

Opuntien sind schon frei ausgepflanzt und bekommen nur ein Dach, das an allen Seiten offen ist, über den Kopf.

hardy
03.10.2010, 18:35
Hallo Leute,

Superthema wieder. Wie Uwe schon schreibt, sehr viel Diskussionsbedarf. Die Händlerbezeichnungen für "Winterhärte" finde ich absolut doof, vor allen Angaben "bis 600 m Meerehöhe" oder "-19,3387 °C" sind idiotisch, weil keine zwei Pflanzen sich gleichen.
Hier hilft nur experimentieren.
Die meisten der Frostharten sterben übrigens in heißen Sommern an Wurzelfäule wegen zu viel Wasser, während die Pflanze einfach eine Ruhepause einlegt und nach der Blüte durch Ausfaulen des Blütenrestes.
Übrigens war der letzte Winter so ein schöner Test. Einige meiner Pflanzen im Kalthaus hatten Probleme, wieder im Frühjahr in Trieb zu kommen. Obwohl keine Spitzenminunstemperaturen, war die Dauerfrostperiode ohne tagsüber Plusgrade ziemlich lang. Das scheinen manche dann doch nicht zu mögen...

Uwe/Eschlikon
05.10.2010, 10:41
Hallo

Trockenstellen müsste man theoretisch(!) ja nur die Arten, welche auf Grund des zu feuchten Substrats nicht dehydrieren. Diese Arten haben dann einen zu hohen Wasser- bzw. einen zu niedrigen Glucose-Anteil in ihrem Zellsaft (oder in der zwischenzellulären Flüssigkeit). Bei tiefen Temperaturen bilden sich Eiskristalle, welche die Zellmembran durchstechen - und futsch ist die Zelle nach dem Auftauen: Die Stelle wird matschig und beginnt durch Fäulnisbakterien zu faulen.

Bei den wirklich winterharten Arten fördert zuviel Nässe (Regen, Schnee, Tau) einfach Pilzkrankheiten oder Flechten und Moose, welche den Pflanzen zusetzen oder sie unansehnlich machen. Ansonsten legen die sich meist einfach hin oder schrumpeln und dehydrieren (genetisch) auch in feuchtem Substrat. Doch selbst bei diesen Arten können zuviele Minusgrade Schäden verursachen, wie oben beschrieben, weil der Glucoseanteil zu niedrig ist. Davon sind vor allem die nach oben gerichteten Pflanzenteile betroffen (Strahlungsfrost!). Darum ist genug Sonne resp. UV-Licht so wichtig, damit ausreichend Glucose in den Trieben gebildet werden kann - wie in einer Frucht.

Und dann gibt es noch die Arten, deren Wurzeln weniger Frost ertragen wie die oberirdischen Pflanzenteile. Bei längerem Dauerfrost erfrieren dann die Wurzelzellen. Die Pflanze sieht dann meist noch lange gut aus, kommt aber im Frühling nicht oder nur sehr reduziert aus dem Winterschlaf - bis man merkt, die Pflanze liegt bloss noch obendrauf und die Wurzeln sind abgefault. Aber auch falsches Substrat kann zum Abfaulen führen.

Ich habe übrigens schon mal einen dehydrierten Opuntia cymochila-Steckling im Spätherbst aus dem Topf genommen, die Erde abgeschüttelt, die ganze Pflanze in einer aufgeschnittenen und mit Wasser gefüllten Petflasche versenkt und dann im Tiefkühler bei -18°C eingefroren, 4 Monate lang :grin:
Im März habe ich das Teil aufgetaut und wieder eingetopft. Daraus ist inzwischen eine schön grosse Opuntie geworden ;-)

Grüsse, Uwe