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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Warum Kakteen Dornen haben



elkawe
11.02.2007, 11:31
Soeben gefunden:

"und sie keine fraßfeinde in meinem zimmer haben"

Warum haben eigentlich Kakteen Dornen ?

Aztekium
11.02.2007, 12:43
Hi!
So, also jeder kennt ja glaub ich den Ausdruck, dass Rosen Dornen haben.
Dem ist aber nicht so.
Dornen sind mit dem Gefäßsystem der Pflanze verbundene, umgewandelte (Blatt-) Organe. Wenn man sie abkappt, kann's zu Störungen der Pflanze kommen.
Stacheln sind Anlagen, die einfach auf der oberen Epidermis der Pflanze aufsitzen.
Rosen haben also Stacheln und Kakteen Dornen.

Kakteen bildeten im Laufe der Evolution wahrscheinlich Dornen aus, um sich gegen Fraßfeinde zu Schützen, zur Vermehrung, zur Oberflächenverkleinerung als Verdunstungsschutz, manche können mit ihnen sogar Wasser aufnehmen (Discocacteen).

Allgemein geschieht eine Dornenbildung also als Anpassung zu den Lebensumständen, die sich im natürlichen Habitat vorfinden. Das ganze kann ganz verschieden verlaufen.
Die Epicacteen im Urwald haben ja auch keine solche Dornen, wie etwa Echinocereus oder opuntia.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Paulus

elkawe
11.02.2007, 14:04
"um sich gegen Fraßfeinde zu Schützen"

Das ist es, worüber ich schon immer gegrübelt habe. Lassen sich dann Äpfel von den Menschen oder Gras von den Kühen gerne fressen? Und warum schützen sich die "leckersten" Kakteen dann nicht, obwohl es davon nicht mehr sehr viel gibt (auser bei Ho.in einem andrem Thread) ?

WyverN
14.02.2007, 00:32
"Manche können mit ihnen sogar Wasser aufnehmen"
Wenn ich mich recht entsinne, ist das Sinn und Zweck des ganzen. An den Dornen kondensiert Tau und läuft direkt zu den Wurzeln ab.
Wobei das mit den Freßfeinden sicherlich auch nicht verkehrt ist.

LW-Astrophytum
14.02.2007, 06:08
"Manche können mit ihnen sogar Wasser aufnehmen"
Wenn ich mich recht entsinne, ist das Sinn und Zweck des ganzen. An den Dornen kondensiert Tau und läuft direkt zu den Wurzeln ab.
Wobei das mit den Freßfeinden sicherlich auch nicht verkehrt ist.

Hallo,

ich glaube er meint über die Dornen, d.h. die Dornen nehmen das Wasser direkt auf, und e wird zum Pflanzenkörper geleitet. :)

WyverN
14.02.2007, 07:06
Hallo,

ich glaube er meint über die Dornen, d.h. die Dornen nehmen das Wasser direkt auf, und e wird zum Pflanzenkörper geleitet. :)ist mir klar, aber trotzdem erfüllen Dornen generell den Wasserbeschaffungszweck, wenn auch im Normalfall auf andere Weise ;-) Wobei ich entsprechende Art mal sehen möchte, die müsste ja hohle Dornen haben... Klingt interessant.

Und warum schützen sich die "leckersten" Kakteen dann nicht, obwohl es davon nicht mehr sehr viel gibt?Vermutlich wären die dornigeren Arten genauso lecker, hätten sie keine Dornen, und weil manche leckere eben keine Dornen haben, werden sie schneller gefuttert und darum gibt es weniger. So ein kaktus denkt sich ja auch nicht "Verdammt, ein hirsch, ich lass mal schnell ein paar Dornen sprießen"... Ich bezweifle beispielsweise, dass eine Opuntia rufida wesentlich anders schmeckt als eine ficus-indica, aber ob ich da reinbeiße, überleg ich mir dann doch dreimal. Oder noch öfter, schließlich hab ich diese Bestie gerade umgetopft und zum Dank war sie wie üblich so frei, mir ein paar Dutzend Glochiden abzugeben, man kann mich also getrost als Opuntia wyvernensis bezeichnen ;-)

Aztekium
16.02.2007, 17:03
ist mir klar, aber trotzdem erfüllen Dornen generell den Wasserbeschaffungszweck, wenn auch im Normalfall auf andere Weise ;-) Wobei ich entsprechende Art mal sehen möchte, die müsste ja hohle Dornen haben... Klingt interessant.


Hallo!
Natürlich kann die Pflanze nicht 10 Liter Wasser resorbieren. Es ist aber zB für Discocactus horstii beschränkt möglich, Wasser direkt durch die Dornen zu resorbieren.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Paulus

noisi
16.02.2007, 17:29
Melos können das auch ! :)

elkawe
17.02.2007, 09:10
Mit anderen Worten könnte man sagen, Kakteen sind also gar nicht so intelligent und haben sich Dornen wachsen lassen, damit sie nicht gefressen werden ? Wobei dann die Intelligentesten wohl die Epikakteen wären, denn die haben sich gleich auf Bäume zurückgezogen, wo keine Kuh mehr rankommt.

Alex1
17.02.2007, 11:35
"um sich gegen Fraßfeinde zu Schützen"

Das ist es, worüber ich schon immer gegrübelt habe. Lassen sich dann Äpfel von den Menschen oder Gras von den Kühen gerne fressen?

Hallo,

Äpfel lassen sich in der Tat gerne von Menschen fressen. Und von Tieren. Dazu sind sie ja überhaupt Äpfel und schmecken gut. Sie wollen gefressen werden - wie die meisten Früchte - damit Ihre Samen im Darm irgendwo hingebracht werden und dort mit Startdünger anwachsen können. Und sie wissen nicht, dass Menschen Klos haben...
Beim Gras und anderen bekömmlichen Pflanzen ist das schon schwieriger. Ich denke da gibt es einfach verschiedene Strategien. Ein Gras steckt einfach gesagt seine Energie in die Regeneration nach dem Gefressen- werden, während ein Kaktus sie in die Abwehr steckt.
So wie es auch zwei verschiedene Strategien dieser Pflanzen für das Überleben von Trockenzeiten gibt. Das Gras stirbt ab oder zieht sich in den Boden zurück, der Kaktus speichert Wasser und harrt aus... und wäre in der Einöde ein "saftiger Braten" für eine Kuh, hätte er keine Dornen...

Gruss
Alex

noisi
17.02.2007, 13:02
Hallo !

Gras enthält jede Menge Kieselsäure in Form von winzigsten Kristallen und die bewirken eine starke Abnutzung der Zähne, weswegen diese bei vielen echten Grasfressern permanent wachsen.

Kakteen und andere Pflanzen haben Dornen oder Stacheln und können sich damit vor größeren Fraßfeinden zu schützen, Ziegen scheuen sich aber keinesfalls selbst Opuntien mitsamt der Dornen und Glochiden zu fressen.

Ansonsten dienen Dornen (bei starksukkulenten Pflanzen) vor allem dem Schutz der Pflanze vor zu starker Sonneneinstrahlung. Denn ohne würden sie der Sonne ja ihren nackten Körper aussetzen. Unbewerte Kakteen wachsen ja oft im Schutz größerer Pflanzen und sind meist sehr tief im Boden 'versenkt'.

Die meisten Kakteen enthalten aber auch noch Gifte, die wiederum gegen Insekten wirken sollen. Denn für die stellen die Dornen ja keine Gefahr dar.

elkawe
17.02.2007, 13:29
"Kakteen und andere Pflanzen haben Dornen oder Stacheln und können sich damit vor größeren Fraßfeinden zu schützen, Ziegen scheuen sich aber keinesfalls selbst Opuntien mitsamt der Dornen und Glochiden zu fressen."

Also sind die Pflanzen intelligenter und lernfähiger als Tiere?

noisi
17.02.2007, 13:48
Ko-Evolution - in einem Lebensraum entwickeln sich Pflanzen und Tiere miteinander und passen sich jeweils immer wieder an.

Wie ein permanentes Wettrüsten, manche machen da aber auch nicht mit und suchen sich im jeweils anderen 'Lager' einen festen Partner und leben mit diesem dann in Symbiose.

Zum Beispiel bieten Ameisenpflanzen Ameisen Unterschlupf und lassen sich von diesen dafür beschützen und mit Nährstoffen versorgen.

elkawe
17.02.2007, 14:08
Hallo Alex,
ich weiß, was du meinst. Pilze und Bäume. Ameisen (nicht Be-Meisen!!) und Blattläuse, usw.
Hier aber ist mein Problem: Kakteen haben sich entschlossen, in ihrem relativ jungen Erdendasein ,entwicklungsgeschichtlich gesehen, wir legen uns jetzt Dornen zu, damit wir später mal nicht gefressen werden. So lautete sinngemäß am Anfang die Aussage. Oder wird denen etwas angedichtet, was eine Begleiterscheinung ist und so von den Pflanzen keineswegs beabsichtigt war? Warum fressen denn im Normalfall Pflanzenfresser keine Kakteen? Sind nicht eher die Tiere lernfähiger und wissen, das ihnen die Dornen schaden? Ich bezweifle auch ganz stark, das in der Zeit als sich die ersten Pflanzen aufgrund extremer Umweltbedingungen zu Sukkulenten/Kakteen entwickelt und verändert haben, Pflanzenfresser eine Rolle gespielt haben. Die Tiere konnten wegziehen, die Pflanzen nicht. Die überlebenden Pflanzen haben sich weiterentwickelt, die Tiere sind dem Futter nachgezogen. Sie mussten sich den neuen Bedingungen anpassen.

Aztekium
17.02.2007, 15:23
Hi!
Also... ich denke mir, das läuft folgendermaßen ab:
Mit Blättern bewachsene Pflanzen sehen sich gezwungen ihren Wasserhaushalt zu minimieren um zu überleben, da das Klima sich ändert.
Es kommen also manche Pflanzen mit kleineren Blättern nach vielen Jahren vor, die sich dann durch die Vorteile gegenüber großblättrigen Pflanzen weiter fortpflanzen.
Die Blätter werden dann im Lauf der Evolution zu Dornen umfuntioniert, da es einfach nicht mehr anders geht. (bezogen auf Wasserhaushalt/Klima)
Und wichtig: Ein Organ, das erst einmal zurückgebildet wurde (Blätter zu Dornen) kann nicht wieder hergestellt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Paulus

Alex1
17.02.2007, 15:27
Hallo elkawe,

wie noisi schon gesagt hat. Es ist ein Wettrüsten. Und dabei spielt Intelligenz nicht die tragende Rolle. Schon gar nicht bei Pflanzen. Die Evolution ist ein System von Versuch und Erfolg oder Misserfolg. Ein vorteilhaftes Merkmal- durch Mutation entstanden - setzt sich üblicherweise durch, Fehlversuche gehen unter.
Warum fressen nun die meisten Pflanzenfresser keine bedornten/giftigen Kakteen. Weil sie sich nicht daran angepasst haben, das zu tun. Warum? Sie hatten anderes zu fressen und sind deshalb nicht daran gescheitert, dass sie keine Kakteen fressen können. Andere wiederum haben sich daran angepasst und fressen Kakteen. Ziegen, Pekaris und Kamele können das. Weil immer die hartschnäutzigsten Tiere am besten mit den neuen 'Gemeinheiten', die bei Kakteen oder anderem Dorngestrüpp entstanden, klarkamen. Das führt dazu, dass nun noch dornigere (zufällig!) Kakteen die besseren Chancen haben, da sich oben genannte Tiere auch nicht unnötig quälen und die schwächer bedornten Pflanzen fressen.
Nun hat aber z.B. Opuntia humifusa kaum Dornen. Das liegt meines Erachtens darin begründet, dass sie aus weniger trockenen Regionen kommt, wo allgemein weniger Dornen 'verwendet' werden, und die Tiere sich darum nicht an Dornen angepasst haben.
Sicher ist der von noisi erwähnt Sonnenschutz ein weiterer Faktor in diesem Spiel. Ich denke aber, dass der ursprüngliche Sinn der Dornen schon Frassschutz war. Denn wenns nur um UV-/Wärmeschutz ginge wären Haare wohl die energiesparendere und somit durchsetzungsfähigere Methode.

Zur Intelligenz. Natürlich hilft sie und ist auch ein evolutionärer Vorteil. Siehe Mensch. Ich habe selbst schon Kakteen gegessen. Das liegt aber nur daran, dass Menschen sie entdornen und kochen können. Schmeckt übrigens recht gut. (Nopal, Opuntia für mich sp.). Pflanzen spreche ich eine ähnliche Art Intelligenz ab. Huftiere haben so etwas, nicht genug aber, dass sie ihre naturgegebenen körperlichen Fähigkeiten weit übertreffen könnten

Ich hoffe Ihr versteht grob was ich sagen will. Sonst bitte fragen.

Gruss
Alex

Alex1
17.02.2007, 15:30
@Atztekium
Zustimmung. Ich war noch am Ausholen während du gepostet hast. Wollte nicht doppelmoppeln

noisi
17.02.2007, 16:20
Ein Organ, das erst einmal zurückgebildet wurde (Blätter zu Dornen) kann nicht wieder hergestellt werden.

Mit der Aussage sollte man etwas zurückhaltender umgehen, da es immer wieder Fälle gibt die ihr widersprechen. :)

Aztekium
17.02.2007, 16:22
Hi!
;)Ich sag mal so, sie kann nur wenig oder sehr schlecht zurückgebildet werden. Beispile dafür sind die ganz winzigen Stachel an Epiphyten.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Paulus

Alex1
17.02.2007, 16:37
Hallo,

das ist wieder eine Energie-Frage. Es ist nicht sinnvoll, Organe auszubilden die nichts nützen. Das kostet Kraft und diejenigen Pflanzen, welche diese nicht oder nur klein ausbilden haben somit einen Konkurrenzvorteil.
Reliktische Organe sind jedoch oft so klein, dass das vernachlässigbar wird.
(Beckenknochenreste bei Walen...)
Nur so nebenbei: Die menschliche Körperbehaarung wird auch manchmal als Beispiel genannt. Ich glaube aber die macht noch Sinn. Ich war einmal auf einer Exkursion. Alle in kurzen Hosen. Die Frauen hatten nachher verkratzte Beine von scharfkantigen Gräsern etc.(Kakteen gabs da nicht). Sie hätten sich nicht rasieren sollen...:wink: Nur so nebenbei.

elkawe
17.02.2007, 17:36
1."Ich denke aber, dass der ursprüngliche Sinn der Dornen schon Frassschutz war."

2." Denn wenns nur um UV-/Wärmeschutz ginge wären Haare wohl die energiesparendere und somit durchsetzungsfähigere Methode."

Zu 1.
Dann erklär mir doch, warum andere Pflanzen, die durch das Fressverhalten einiger Tiere derart "entlaubt" werden, sich nicht schützen. Jetzt mal nicht nur das Gras, sondern konkret alle Pflanzen die in Regionen vorkommen, die seit Urzeiten von Heuschreckenplagen heimgesucht werden. Warum schützen die sich nicht?

Zu 2.
Tatsächlich wohnen die Kakteen mit den meisten Haaren in Regionen, in denen das UV Licht eine sehr große Rolle spielt.

Alex1
19.02.2007, 17:14
Hallo,

ich weiss nicht konkret warum welche Arten welche Eigenschaften haben oder nicht haben. Sicher ist nur, dass alle Arten mit verschiedenen Problemen durch Frassfeinde, Umwelteinflüsse, Pathogene und Konkurrenten konfrontiert sind.
Wenn all diese Faktoren nicht zum Aussterben des Lebewesens führen, hat es im Moment 'gewonnen', ist also gut genug angepasst.

(Die Tatsache, dass ein Baum von Heuschrecken entlaubt werden kann, macht ihn nicht a priori zum Verlierer. Er bildet oft einfach neue Blätter. Bis zur neuen Heuschreckenplage vergehen vielleicht Jahre, der Baum pflanzt sich fort, die Gene bleiben erhalten)

Für diejenigen, welche die in Wahrheit viel kompliziertern Vorgänge interessieren:
http://de.wikipedia.org/wiki/Evolution

Gruss
Alex

elkawe
19.02.2007, 18:04
Hallo Alex,

"Bis zur neuen Heuschreckenplage vergehen vielleicht Jahre, der Baum pflanzt sich fort, die Gene bleiben erhalten"

Das ist richtig.
Nehmen wir da wieder das Anfangsstadium in der Entwicklung der Kakteen. Der Kaktus wurde gefressen, was kann er noch weitergeben? Das kann nur die Nachbarpflanze, die das "gesehen" hat.

Aztekium
19.02.2007, 18:30
Bingo :).
Die Pflanze die überlebt, pflanzt sich fort. So kommt's zur Ausleese.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Paulus

elkawe
19.02.2007, 18:41
"Die Pflanze die überlebt, pflanzt sich fort. So kommt's zur Ausleese"

Vollkommen richtig. Und woher weiss dann der Kaktus, der ja nicht gefressen wurde - ergo überlebt, das er sich gegen Pflanzenfresser schützen muss. Bisher wurde im ja solches Leid nicht zu teil - sonst könnte er nichts vererben. Bei allen Überlegungen nicht vergessen, es geht nach wie vor um die Entwicklung der Kakteen.

noisi
19.02.2007, 19:09
Ähm, der Kaktus weiß nicht das er sich schützen muss - die Dornen die er hat schützen ihn.

Oder anders. Die Giraffe hat keinen langen Hals damit sie Blätter von den Bäumen fressen kann, sie kann das weil sie einen langen Hals hat.

Also der Kaktus der nicht gefressen wurde überlebt, rein zufällig und deswegen kann er seine Gene weitergeben. Seine Nachkommen werden mehr oder weniger bedornt sein, die mit der besten 'Bewaffnung' werden überleben.

elkawe
19.02.2007, 19:20
"Ähm, der Kaktus weiß nicht das er sich schützen muss"

Um diese Aussage ging es am Anfang. Kakteen haben ihre Dornen zur Frassabwehr entwickelt.

"die Dornen die er hat schützen ihn"

Das ist wiederum eine ganz andere Aussage.

"Also der Kaktus der nicht gefressen wurde überlebt, rein zufällig und deswegen kann er seine Gene weitergeben"

Er wird aber innerhalb seiner Entwicklung nur das weitergeben, was er selbst "erlebt" hat, Hitze und Trockenheit. Ich glaube dabei nicht, das er drohenden Pflanzenfrass vererbt und dadurch mehr Dornen ausbildet. Erlebter Pflanzenfrass als Vererbungshinweiss fällt aus, da es den Kaktus ja nicht mehr gibt.

noisi
19.02.2007, 20:01
Vererbungshinweiss

Ich glaube so etwas gibt es gar nicht.

noisi
19.02.2007, 20:02
Ich glaube so etwas gibt es gar nicht.

Der Kaktus bekommt die Dornen nicht weil ... sondern weil er Dornen hat passiert das und das ...

Aztekium
19.02.2007, 20:08
Hi!
Dort stehen 2 Kakteen in der Halbwüste. Beide gleicher Art und Gattung. Zur Blüteziet werden beide durch Insekten miteinander bestäubt. Heraus kommen viele Samen, von denen 2 auflaufen. Einer, der sich von den beiden Mutterpflanzen kaum unteerscheidet. Der andere hingegen unterscheidet sich durch genetischen Zufall sehr stark in härte, anzahl und länge der Dornen.
Diese Pflanzen wachsen ein paar Jahre und dann kommt ne Ziegenherde vorbei. Die beiden Mutterpflanzen werden gefressen, sowie der eine Sämling. Nur die pflanze mit der "Mutation" wird nicht gefressen, da die Ziegen sich beim Fressen verletzen. Er wird nur angeknabbert. So setzt er sich gegen die anderen Kakteen durch und überlebt. Irgendwann wird er bestäubt und bekommt Nachkommen, mit zum Großteil ähnlich starken Dornen, die dann auch nicht gefressen werden können. Alle anderen mit schwachen Dornen sind zu diesem Zeitpunkt schon ausgerottet.

Was ich damit sagen will, ist, dass sich alles durch genetisch zufällige, aber vorteilhafte Mutationen weiterentwickelt. Kein Kaktus ist sich selbst bewusst und fragt sich: "Hmm, was könnt ich nur entwickeln, um nicht gefressen zu werden..... wie wär's mitn paar richtig derben Dornen!!"
Hopplahopp funktioniert das ganze natürlich auch nicht. Dieser machtkampf um die Fortpflanzung zwischen Schwachen und Starken zieht sich über riesig lange Zeiträume.
Kein Kaktus muss also gefressen werden, um stärkeren Schutz auszubilden. Im Ursprung ist alles eine innovative und vorteilhafte Laune der Natur.
Und das nennt man dann Evolution. *Boing*

Mit freundlichen Grüßen

Jan Paulus

Echinopsis spez.
19.02.2007, 20:13
Diese Pflanzen wachsen ein paar Jahre
Soweit kommt er gar nicht, wegen der fehlenden Dornen ist er ungeschützt den Umweltbedingungen ausgesetzt und findet einen frühen Tod.

Das ist Evolution!

Kakteen haben ihre Dornen primär zu dem Zweck gebildet um sich an die herrschenden Umweltbedingungen anzupassen.
Fraßschutz war dabei allenfalls ein willkommener Sekundäreffekt.

AstrophytumX
19.02.2007, 22:05
Nabend,

was hier ganz ausser Acht gelassen wurde ist die Mimese der Pflanzen.
Zum Beispiel das Astrophytum senile tarnt sich mit seinen Dornen.
generell kann man sagen das die höher entwickelten Arten keine Dornen haben,siehe das A. asterias oder die flachkugeligen myriostigmen (nicht das columnare) das primitivste bedornte der Gattung ist das Ornatum das sich z.B. mit den Dornen wirklich vor Fressfeinden schützt.
Ariocarpen z.B. schützen sich durch "tarnung" vor fressfeinden und brauchen keine Dornen.
Bei Turbinicarpen dienen die Dornen ausschließlich zur Feuchtigkeitsaufnahme,was Sinn macht bei kleinem Körper.

noisi
19.02.2007, 22:07
Aber mal halt und Kommando zurück !

Wenn man davon ausgeht das Pereskia den Ur-Kakteen am ähnlichsten ist, dann sind die Dornen ursprünglich doch nicht als Schutz vor UV-Licht entstanden sondern als Schutz vor gefräßigen Säugern mit weichen Lippen.

So und im Laufe der weiteren Entwicklung neuer Arten wurden die Blätter immer sukkulenter, bzw. verschwanden nach und nach.

Und die Dornen der Kakteen sind ja eigentlich 'ehemalige Blätter'.

Das die auch dem Schattenspenden dienen kam demnach erst später hinzu.

Echinopsis spez.
19.02.2007, 22:22
So und im Laufe der weiteren Entwicklung neuer Arten wurden die Blätter immer sukkulenter, bzw. verschwanden nach und nach.
Richtig, aber nicht zum Schutz vor Frassfeinden, sondern um die Verdunstungsoberfläche zu verkleinern.

Alex1
19.02.2007, 22:35
@elkawe

von deiner HP unter 'Wissenswertes':"Folgende Pflanzen sind nur eine kleine Auswahl dessen, daß die Natur nicht immer das macht, was man erwartet."

Du hast die besten Beispiele zuhause! Das sind Mutationen. Die haben sie sich nicht abgeguckt, die sind per Zufall entstanden. Die nudaler Rippe wäre in der Natur ein Nachteil, da die Pflanze dort verbrennen würde.
Eine Rippe mehr wäre vielleicht ein Vorteil, vielleicht ein Nachteil oder vielleicht einfach egal.
Zu sprossen dürfte helfen,das machen ja etliche Kakteen.

Gruss Alex

AstrophytumX
20.02.2007, 02:14
@elkawe

von deiner HP unter 'Wissenswertes':"Folgende Pflanzen sind nur eine kleine Auswahl dessen, daß die Natur nicht immer das macht, was man erwartet."

Du hast die besten Beispiele zuhause! Das sind Mutationen. Die haben sie sich nicht abgeguckt, die sind per Zufall entstanden. Die nudaler Rippe wäre in der Natur ein Nachteil, da die Pflanze dort verbrennen würde.
Eine Rippe mehr wäre vielleicht ein Vorteil, vielleicht ein Nachteil oder vielleicht einfach egal.
Zu sprossen dürfte helfen,das machen ja etliche Kakteen.

Gruss Alex

Hi,

Ein Nachteil bei der Mimese vielleicht.Grüne myriostigmen stehen am Standort auch oft vollsonnig.Die Wollflocken sind hier kein Schutz vor der Sonne sondern auch wieder mimetisch.

Alex1
20.02.2007, 09:15
Ok, das wusste ich nicht. Danke

AstrophytumX
20.02.2007, 16:24
Warum Kakteen Dornen haben.

Jeder der sich einen Kaktus vorstellt denkt sofort an einen grünen kugeligen oder säuligen Kaktus mit schönen langen Dornen.
Aber wozu haben Kakteen ihre Dornen.
Schauen wir uns zuerst mal die großen Säulenkakteen an.Im Prinzip die primitivsten Kakteen und ältesten.Eine große Säulenkaktee ist wohl kaum zu übersehen auch für Fressfeinde nicht.Deshalb ist es für diese Arten sinnvoll sich mit ihren großen festen Dornen zu schützen,denn sonst würde sie wohl kaum so atemberaubende größen erreichen und vorher schon verspeist worden sein.Gleiches Gilt für viele große Kugelkakteen die auch riesig werden können.Da wären zum Beispiel Ferocacteen und Echinocacteen,die sich auch primär mit ihren Dornen vor Fressfeinden schützen.

Nun,welche funktionen können die Kakteendornen noch haben?Ich denke da zum Beispiel an viele Vertreter der Gattung Turbinicarpus,die mit ihren papierartigern,flachen aber breiten Dornen kaum Fressfeinde abwehren könnten.Sie würden mitgefressen werden.Es ist auch nicht sinnvoll,wenn man überlegt das Turbinicarpen zum Großteil in Spalten von Gipsfelsen verdrängt wurden.So haben sie sich gut an ihre Umgebung angepasst,auch durch den Kleinwuchs sind sie kaum sichtbar und durch Mimese vor Fressfeinden versteckt.Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben das viele Arten der Turbinicarpen in der Lage sind eine erhebliche Menge an Wasser über diese papierartigen Dornen aufzunhemen,die dannins Körperinnere geleitet werden.Viele Kakteen mit sogenannter pectinater Bedornung machen es ähnlich,es ist klar denn umso Dichter das Dornenkleid ist umso mehr Feuchtigkeit kann daran kondensieren.

Eine weitere tolle Eigenschaft von Kakteendornen ist das manche Arten sich so vor den herrschenden Klimaverhältnissen schützen.Ein gutes Beispiel ist hier Aylostera muscula.Viele hoch in den Anden beheimatete Arten machen es ähnlich,ihr dichtes Dornenkleid schützt sie tagsüber vor zu starker Sonneneinstrahlung und nachts vor Frost.Ein Nebeneffekt hier ist auch wieder das sie zum Beispiel,gerade in den extrem trockener Umgebung,vom Tau und Luftfeuchtigkeit "ernähren" können.

Behandeln wir mal die Hakendornen.Wozu bilden einige Arten z.B. Mammillarien Hakendornen aus?Hier hat die Natur sich wieder etwas einfallen lassen.Die Hakendornen bei Mammillarien dienen angeblicherweise dazu sich zu vermehren.Diese Dornen bleiben zum Beispiel im Fell von vorbeilaufenden Tieren hängen und ziehen die Warze mit.Wenn sie an anderer Stelle wieder abgeschüttelt wird kann sich so unter günstigen Verhältnissen eine neue Pflanze bilden.

Jetzt gibt es noch Kakteen die ganz ohne Dornen auskommen,Bespiel hierfür sind z.B. Ariocarpen,Lophophoren und einige Arten von Astrophyten.
Diese Arten können ohne Bedenken als höchstentwickelt bezeichnet werden.Sie haben sich durch ihr Aussehen an die Umgebung angepasst,haben Alkaloide sogenannte Fraßgifte ausgebildet um sich so zu schützen und sich durch flache Körper und einer gut ausgebildeten Rübenwurzel vor zu hoher austrocknung zu schützen.
Diese Pflanzen brauchen in keiner Hinsicht mehr Dornen,höchstens im Sämlingsstradium kann man noch ganz kleine Dornen erkennen,damit bedienen sie sich anfangs am Tau und Luftfeuchtigkeit.

Einige wenige Arten haben ihre Dornen so umgewandelt das sie zum Beispiel farblich mit der Umgebung verfließen und so fast unsichtbar für Fressfeinde sind.Denke da zum Besipiel an das Astrophytum niveum,das sich mit seinem dichten weißbeflockten Körper an den Boden in dem es lebt angepasst hat und mit den dunklen,langen,gedrehten Dornen das abgestorbene Gehölz immitiert,so ist es kaum sichtbar.Nur die Blüte verrät es oft.

Zum Schluß nochmal die Frage: "Wozu haben Kakteen Dornen?"
Die Antwort ist ganz simpel: Um sich an ihre Umgebung und den herrschenden klimatischen Bedingungen anzupassen!!

elkawe
20.02.2007, 20:48
"die sich auch primär mit ihren Dornen vor Fressfeinden schützen"

Du meinst sicher "sekundär" denn sonst würde dieser Satz

"Turbinicarpus,die mit ihren papierartigern,flachen aber breiten Dornen kaum Fressfeinde abwehren könnten"

nicht mehr dazupassen.

Sekundär haben sich die Dornen aus den Blättern wegen der Umweltbedingungen gebildet, hat auch sehr lange gedauert. Ein gefressen werden ist ein !plötzliches! Ereigniss, welches nicht weitergeben werden kann. Der Frassschutz (mit 3 "s" ? ) ist bestimmt nicht beabsichtigt, sonst hätten dies noch mehr Pflanzen. Bitte nicht die Euphorbien als Beispiel, denn die sind wie die Kakteen nur eine Randgruppe im Pflanzenreich. Apropo Randgruppe: von der Artenvielfalt in etwa mit den Palmen gleich. Bestimmte Palmen haben ein sehr nahrhaftes Palmenherz, welches vielerorts auf dem Speiseplan steht. Palmenherz raus - Palme tot. Was tut die für ihren Arterhalt, obwohl sie länger auf der Erde weilt? Damit meine ich den Frassschutz.

Alex1
20.02.2007, 23:18
Nochmal:
Gefressenwerden kann man z.B. durch genügend Nachkommen kompensieren oder durch Regeneration....
Verhindern durch Gift, Dornen, Tarnung, Symbiose mit Nützlingen etc.
Es gibt unzählige Überlebensstrategien. Wichtig ist nur die Essenz:

Jede Pflanzenart (und jedes andere Lebewesen auf der Erde) hat in der Vergangenheit 'genug getan' - war und hat sich gut genug angepasst - dass sie nicht ausstirbt. Beweis ist die Tatsache, dass es sie gibt. Und das war NIE Absicht, sondern Evolution.