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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Rätsel um Rebutia muscula



Dr. Dietmar
31.01.2015, 17:48
Hallo,
ich möchte im Zusammenhang mit der Nomenklatur von Rebutien diesen Beitrag eröffnen. In der Prä-Internetzeit bekam ich zwei Pflanzen mit der Bezeichnung Aylostera muscula. Ich konnte nicht viel darüber herausfinden. Irgendwann wurde die Gattung Aylostera in die Gattung Rebutia integriert. Demnach heißt die Pflanze Rebutia muscula (Informationen Fehlanzeige). Nun soll diese Bezeichnung wiederum ein Synonym für Rebutia fiebrigii sein. Diese sieht aber nach meinen Informationen vollständig anders aus. In Datenbanken wie Cactiguide.com finden sich unter der Bezeichnung R. fiebrigii sichtlich unterschiedliche Arten. Auch die meine ist dabei. Darüber hinaus scheint eine gewisse Ähnlichkeit zu R. spinosissima zu bestehen. Wo ist die Art botanisch einzuordnen? Wer kann das Rätsel lösen?

Gruß

Dietmar

muddyliz
31.01.2015, 19:44
http://www.cactus-art.biz/schede/REBUTIA/Rebutia_muscula/Rebutia_muscula.htm

MarcoPe
31.01.2015, 20:42
Interessant!

Da lasse ich aber jetzt die Schilder an meiner Rebutia fiebrigii und an der muscula. Beide sehen sehr unterschiedlich aus.

Marco

muddyliz
31.01.2015, 21:18
Interessant!

Da lasse ich aber jetzt die Schilder an meiner Rebutia fiebrigii und an der muscula. Beide sehen sehr unterschiedlich aus.

MarcoHallo Marco,
nach dieser Quelle http://www.pakbs.org/pjbot/PDFs/43%286%29/21.pdf kannst du die Schilder lassen.

DanielDD
01.02.2015, 00:13
Ich habe mal bei Anderson nachgelesen:

1905 beschrieb M. Gürke eine neue Art, die er Echinocactus fiebrigii nannte. Nach mehreren
Umbenennungen gab Backeberg 1936 dieser Art den Namen Aylostera fiebrigii. Dieser Name
hatte eine Weile Bestand.

Thiele und F. Ritter beschrieben 1963 eine neue Art, die sie Rebutia muscula nannten, Im gleichen
Jahr stellte Backeberg diese Art in die Gattung Aylostera, so dass sie nun Aylostera muscula hieß.
Dies müsste die am Anfang im Thread gezeigte Art sein.

Später kam Hunt auf die Idee, Aylostera mit zu Rebutia zu stellen. Die Aylostera fiebrigii hieß
danach Rebutia fiebrigii. Bei dieser Gelegenheit hat man gleich mehrere Aylosteras (u.a. muscula
und donaldiana) mit zu Rebutia fiebrigii gestellt. Danach ist Rebutia muscula gar kein gültiger
Name.

Meines Wissens ist Aylostera jedoch wieder eine eigenständige Gattung. Ich weiß jedoch nicht,
ob man die Zusammenfassung von Aylostera fiebgrigii, muscula und donaldiana wieder rück-
gängig gemacht hat.

DanielDD

Andreas75
01.02.2015, 00:51
Ich verstehe diesen ganzen Umbenennungs- Käse immer noch nicht und halte ihn nach wie vor für Wichtigtuerei seitens Mr. Hunt...

Ich dachte, heutzutage würde man nach phylogenetischen Standpunkten gehen bei Zusammenfassungen oder Umstellungen? Mit der phylogenetischen Gewissheit sollten doch jegliche Zweifel ausgeräumt sein, was zu welcher Art oder Gattung gehört, oder? Warum gibt es denn da nun noch immer so einen Hickhack?

Sind Trichocereus und Chamaecereus auch bald wieder revalidisiert? Wozu hat man den ganzen Heckmeck dann erst veranstaltet?

Fragt sich,
Andreas

Marc
01.02.2015, 10:03
Das mit der Genetik ist ne tolle Sachen, allerdings steht man dort gaaaaaaaanz am Anfang mit der Interpretation. Habe solche Untersuchungen für Spinnen gesehen, das ist super interessant, wirft aber auch einige Fragen and sogar Ängste auf. Was passiert denn wenn die Spinne anders aussieht und sich die Genome praktisch nicht unterscheiden?
Oder was ist wenn die Spinne sich Äusserlich nicht unterscheidet und die Genome völlig verschieden sind? Man sieht es deshalb ergänzend zur Taxonomie.
Gleiches kann bei Kakteen natürlich auch passieren. Das Problem dabei ist, man vergleicht immer nur bestimmte (, kleine) Abschnitte von Chromosomen. Was die genau aussagen und was man dabei nicht mit betrachtet, ist sozusagen professionelles Raten und Versuchen. Achja, das Problem mit der Variabilität bleibt, genauso mit der Evolution von Arten (die Arten entwickeln sich ja ständig und sind nicht eingefroren).

muddyliz
01.02.2015, 11:08
Achja, das Problem mit der Variabilität bleibt, genauso mit der Evolution von Arten (die Arten entwickeln sich ja ständig und sind nicht eingefroren).Und was höchstwahrscheinlich noch dazu kommt und bisher zu wenig in Betracht gezogen wurde sind mögliche Hybridisierungen. So scheint z.B. Chamaecereus silvestrii nur eine Variante oder ein Hybrid (mit ?) von Lobivia saltensis zu sein.

Marc
01.02.2015, 11:49
Genau, Hybriden machen da auch noch mit :) Hier scheint es so einige Richtlinien zu geben, aber ob die nun so gültig sind und allgemein Anerkennung finden, weiss ich nicht. Z.B. dürfen Hybriden fertile Samen bilden? Oder sind es überhaupt Hybriden (nehmen wir mal an, die Eltern sind nur variable Teile derselben Art)? Können Hybriden weitab der Elternpopulationen wachsen oder sollten sie mittendrin sein? Fragen über Fragen :D

Dr. Dietmar
01.02.2015, 12:53
Hallo Ernst,
ich möchte mich ausdrücklich für diesen wichtigen Hinweis bedanken! Wenn ich den Artikel richtig verstehe, handelt es sich um eine Kombination aus einer genetischen mit einer morphologischen Studie mit dem Ziel, die verwandschaftlichen Beziehungen in dem Komplex Rebutia-Aylostera-Mediolobivia-Weingartia etc. zu untersuchen.

Im Rahmen der genetischen Untersuchung werden die Nukleotidsequenzen auf einem bestimmten Genabschnitt verglichen. Je geringer die Unterschiede ausfallen, desto enger ist das verwandschaftliche Verhältnis der Arten untereinander. Die Tabelle 2 in dem Artikel zeigt das Ergebnis. Demnach weist die R. muscula keine Abweichungen zu R. pseudodeminuta und nur geringe zu R. donaldiana, deminuta, steinmannii auf.
Für R. pseudodeminuta etwa wurde komplette Übereinstimmung festgestellt zu R. fiebrigii, deminuta, fabrisii, kariusiana, wessnerianan ssp. beryllioides, haagei, friedrichana, christinae, donaldiana und muscula.
Müssen wir diese in Zukunft als Synonyme für R. pseudodeminuta ansehen? Die Antwort lautet nein. Bei dieser genetischen Studie wurde nicht der gesamte Genpool der Pflanzen verglichen, sondern ein Anteil, der noch nicht einmal im Promillebereich liegt. Der Genanalyse sind noch immer technische und finanzielle Grenzen gesetzt. Würde man einen anderen Genort untersuchen, so werden sich daraus andere verwandschaftliche Zusammenhänge ergeben. Aus diesem Grunde ist der wissenschaftliche Wert einer solchen Studie als äußerst gering einzustufen. Der morphologische Part des Artikels beschreibt aus meiner Sicht die Unterschiede der Arten besser. Dabei möchte ich hervorheben, dass es zwischen der Morphologie und dem untersuchten Genpool der Pflanzen keinen Zusammenhang gibt.
Einen weiteren Schwachpunkt sehe ich in dem fehlenden Bildmaterial der verwendeten Pflanzen. Dies hätte in den Material und Methodenteil hineingehört. Man kann nur hoffen, dass die Autoren korrekt bezeichnete Pflanzen verwendet haben. Eine objektive Beurteilung ist für den Leser nicht möglich.

Man sollte taxonomische Einordnungen aus Genuntersuchungen kritisch hinterfragen. Der Artikel ist das beste Beispiel dafür. Aus heutiger Sicht stellen sie noch kein zuverlässiges Mittel dar. Dazu sind die Ergebnisse zu lückenhaft. Ich hege keinen Zweifel, dass sich das in Zukunft ändern wird, denn die taxonomische Wahrheit liegt nun mal in den Genen.

Was mich noch interessiert ist die Frage nach der aktuellen Nomenklatur zu diesem Komplex, wo man diese finden kann und ob der vorgenannte Artikel im besonderen einen Einfluss auf die Taxonomie genommen hat.

Gruß

Dietmar

Dr. Dietmar
01.02.2015, 13:10
Hallo DanielDD,
das ist wirklich eine nette Story! In der Tat bestand die Problamatik darin, dass die R. muscula als Art quasi verschluckt wurde. Es wäre schön, wenn mich jemand nomenklatorisch auf den aktuellen Stand bringen könnte, auch was Aylostera-Rebutia und Verwandte betrifft.

Gruß

Dietmar

muddyliz
01.02.2015, 14:28
Hallo Dietmar,
natürlich sind solche genetischen Untersuchungen mit Vorsicht zu genießen. In der ersten Grafik liegen die beiden weit auseinander, in der zweiten nah zusammen. Analog zu Schrotschussexperimenten würde ich solche Untersuchungen als "Schrotschussuntersuchungen" bezeichnen, weil ja nur ein minimaler Teil des Genoms untersucht wird. Man betrachtet nur den Locus, an dem eine Kugel eingeschlagen hat.

Dr. Dietmar
01.02.2015, 15:56
Hallo Ernst,
der Schrot hat wenigstens den Vorteil, dass viele Kugeln fliegen. Das war bei der besagten Untersuchung leider auch nicht der Fall.

Gruß

Dietmar