Im April 2014 sind meine dornigen und sonstigen sukkulenten Gesellen in ihr neues Domizil, unseren Wintergarten umgezogen. Natürlich waren wir am Anfang unsicher, ob und wie sie weiter gedeihen werden, ob es viele Verluste geben würde, oder ob vielleicht doch ein paar mehr Pflanzen als im alten Quartier blühen werden. Hier mein Erfahrungsbericht:

Technische Daten:
Dach: Pultdach mit Walm, Vierfachstegplatte, 25mm
Seiten (Ost, Süd, West): Thermoverglasung 1,1 -1,2 W/m²K, 1 DrehKipp-Fenster, 1 DrehKipp-Seitentür, 2 Lüftungs-Kippflügel, thermisch getrennte Ausführung.
Die Platten haben einen Dämmwert von 1,3 und sind 50 - 60 % lichtdurchlässig. Das soll gut für die Pflanzen sein, weil die Beschattung entfallen kann. Die Quer - bzw. X-Strukturen streuen das Licht.
Zudem haben wir 2 Dachfenster mit Thermostat-und Regenwächtersteuerung einbauen lassen. Diese Fenster öffnen/ schließen temperaturabhängig und schließen automatisch bei Regen.
Der Wintergarten war Teil unseres „Projektes Hausbau“ und liegt an der Südseite unseres Hauses, hat also nahezu den ganzen Tag Sonne. Lediglich ein paar Bäume/ Büsche liefern zeitweise Schatten. Er ist an die Heizungsanlage des Wohnhauses angebunden, gefliest und mit Fußbodenheizung ausgestattet.

Wir holen möglichst viele Infos ein...
Wir haben uns natürlich schon im Vorfeld des Umzuges Gedanken gemacht, wie das neue Quartier meinen Kakteen und Sukkulenten bekommen wird. Schließlich waren sie bis dahin nur das wenige Licht hinter relativ kleinen Fenstern und künstliche Beleuchtung gewohnt. Außerdem hatten wir natürlich keine Erfahrung wie sich die Temperatur im Wintergarten entwickeln wird.
Zum Glück hatten wir die Gelegenheit, uns mit anderen Kakteenfreunden auszutauschen und auch Sammlungen anzuschauen. Da konnten wir wirklich hilfreiche und wertvolle Ideen sammeln.
Außerdem haben wir uns über Temperaturüberwachung informiert, und schon im alten Quartier eine Netatmo Wetterstation installiert. Die Netatmo-Hauptstation misst Temperatur, Luftfeuchtigkeit, CO2-Wert und Lautstärke. Über das Web oder Handy kann ich immer schauen, wie die „Klimaparameter“ sind. Werden bestimmte Werte über- oder unterschritten, bekomme ich eine Nachricht aufs Handy. Außerdem haben wir uns eine schaltbare Steckdose von AVM (passend zur Fritz!Box) zugelegt, die per Schaltplan (z.B. über einen google-Kalender), aber auch per App aus geschaltet werden kann. Seit dem Umzug der Pflanzen in den Wintergarten wird über diese Steckdose ein Ventilator gesteuert. Wir hatten u.a. in der Sukkulenten-Ausstellung in Zürich (sehr sehenswert!) gesehen, dass in den Gewächshäusern so für eine leichte Luftbewegung gesorgt wird.

Der Umzug und die ersten Wochen
Als letzte Vorbereitung haben wir direkt vor dem Umzug die Fenster der Ost- und Südseite innen mit Fliegengaze abgehangen um Verbrennungen an den Pflanzen zu vermeiden. Als Stelltische sollten (zunächst) IKEA-Tische der Größe 55x55cm dienen.

Der Umzug hat problemlos und ohne Verluste geklappt. Zunächst haben wir die Pflanzen „wie sie kamen“ gestellt. Noch sind es nicht so viele, dass ich Regale brauche, aber daran arbeite ich
Schon nach den ersten Wochen konnte ich deutliches Wohlbefinden bei meinen Pflanzen feststellen. Nach und nach haben wir die Gaze von den Fenstern entfernt, so dass den Pflanzen schon ab Frühsommer die volle Sonne zu Gute kam. Seit diesem Zeitpunkt haben wir auch keinerlei Beschattung mehr installiert. Verbrennungen musste ich zum Glück nicht feststellen. Dafür haben mich die Pflanzen aber mit tollem Wachstum und zahlreichem Knospenansatz belohnt.

Der erste Sommer
Sorge hatten wir natürlich, wie sich das Klima, besonders die Temperatur im Wintergarten im Hochsommer entwickeln würde. Bei Außentemperaturen von mehr als 15°C haben die Fenster durchweg gekippt, die Dachfenster werden über die automatische Steuerung geöffnet. Zudem haben wir von morgens bis abends einen Ventilator mit Schwenkfunktion laufen lassen, der über die AVM-Steckdose geschaltet wird. Je nach Tagestemperaturen wird der Ventilator auch nachts zugeschaltet. Zur Steuerung der Steckdose nutze ich einen google-Kalender, aus dem sich die Steckdose die Schaltzeiten automatisch ausliest. Ich kann die Steckdose aber auch manuell aus der Ferne an-/ ausschalten.

Unsere Wetterstation meldete an (hoch-)sommerlichen Tagen durchaus Temperaturen von knapp 50°C. Der Tag-Nacht-Unterschied konnte dabei mehr als 20°C betragen.
Den Kakteen schien es zu gefallen, sie zeigten uns das mit einem wahren Blütenfeuerwerk. Die heißen Temperaturen wurden von mehrjährigen Pflanzen problemlos überstanden. Nach wie vor hatten und haben wir keine Beschattung im Einsatz. Lediglich Neuanschaffungen oder Aussaaten bekommen die erste Zeit Fliegengaze als Schattenspender.


Übergangszeit und Winter
In der Übergangszeit (Herbst/ Frühjahr) sind die Seitenfenster wetterabhängig geöffnet, im Winter sind sie geschlossen. Dann findet die Lüftung (wenn es warm genug ist) über die Dachfenster bzw. manuell statt. Auch im Frühjahr/ Herbst/ Winter läuft der Ventilator zeitweise, im Winter z.B. 4-5x am Tag für 15-30 min. Mit steigenden Temperaturen wird die Laufzeit verlängert.
Die tiefsten Temperaturen im Winter lagen bei 4-5°C, wärmeliebende Kakteen und Sukkulenten finden ihr Winterquartier dann im Wohnzimmer. Alle anderen Pflanzen überwintern völlig trocken im Wintergarten. Über die Thermostat-Steuerung der Fußbodenheizung soll sichergestellt sein, dass er frostfrei bleibt. Natürlich war der Winter 2014/15 nicht so hart, und auch bisher haben wir kaum Frost gehabt, so dass hier noch die Erfahrungen fehlen, ob die Fußbodenheizung das schafft.

2015
Auch in diesem Jahr haben sich die positiven Erfahrungen fortgesetzt. Die Blüten waren überwältigend. Verluste hielten sich in normalen Grenzen.
Nun habe ich mich auch an meine erste Aussaat gewagt. Die Aussaat ist Anfang März mit Bodenwärme in Mini-Gewächshäuschen erfolgt. Das Keimungsergebnis war zunächst sehr gut. Mit zunehmender Temperatur im Wintergarten bestand hier natürlich die Gefahr, dass die kleinen Sämlinge „kochen“. Genau das ist trotz Öffnung der Lüftungsschlitze an den Gewächshäuschen auch passiert. Einige der Minis haben es leider nicht geschafft, die „Überlebenden“ gedeihen prächtig und stehen auch jetzt im Winter im Wintergarten. Allerdings gönne ich ihnen wieder Bodenwärme.
Bei der nächsten Aussaat werde ich definitiv schattieren und die Abdeckung der Gewächshäuschen (hoffentlich) rechtzeitig abnehmen.


Gelerntes...
Die kompletten Klimaaufzeichnungen kann ich aus der Netatmo-Wetterstation entnehmen. Ebenso speichere ich die Schaltzeiten des Ventilators. Ich hoffe so, Jahr für Jahr die Einstellungen und Pflegemaßnahmen weiter optimieren zu können. Zu Gieß-, Dünge- und sonstigen Pflegemaßnahmen führe ich eine Datenbank. Besonders im Sommer 2015 musste ich natürlich deutlich mehr und häufiger gießen, als früher.


Alles in Allem kann ich sagen, dass sich der Umzug nicht nur für uns, sondern auch für unsere Kakteen gelohnt hat. Natürlich ist ein Wintergarten kein natürliches Habitat, aber die Pflanzen zeigen ein schönes und kompaktes Wachstum. Die Blüte vom ersten Sommer wurde dieses Jahr noch weit übertroffen und ich freue mich natürlich schon auf die nächste Saison. Einen „Nachteil“ hat das Ganze aber, vom Kakteen-Virus werde ich so garantiert nicht geheilt – aber wer will das schon? Ich jedenfalls nicht!

Im Anhang habe ich noch einige Bilder für euch...

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